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PresseErklärung: Ernüchterung im Werkstattverfahren Hallen Kalk

Die Pflanzstelle ist ein offener, unkommerzieller, gemeinschaftlicher Garten auf einer Industriebrache in Kalk. Mehr als ein Garten ist es ein Ort der Begegnung und selbstorganisierter Umweltbildung. Im laufenden Werkstattverfahren „Hallen Kalk“ soll ein Plan für die zukünftige Nutzung unter Anderem dieser Fläche auf städtischem Gelände entstehen. Durch die kürzlich vorgestellten Zwischenstände der Konzepte sehen wir den Fortbestand der Pflanzstelle gefährdet. Im besten Fall müssten wir zum dritten Mal binnen weniger Jahre auf eine kleine Ausweichfläche umziehen, welche die bisherigen Nutzungen stark einschränkt und der Selbstorganisation, die zu 100% auf ehrenamtlichem Engagement basiert, große Steine in den Weg legt.
Vergangenen Freitag stellten die drei beauftragten Planungsteams ihre Zwischenergebnisse im Werkstattverfahren der „Hallen Kalk“ vor. Die Konzepte der Teams orientieren sich dabei an der vorgegebenen Aufgabenstellung des Stadtplanungsamtes. Dieses sah ursprünglich vor, auf dem Gelände der Pflanzstelle eine Schule zu errichten. Auf Nachfragen von Planungsteams und Bürger*innen während der Auftaktveranstaltung des Werkstattverfahrens wurde die Aufgabenstellung jedoch geöffnet und alternative Standorte für die Schule im Planungsgebiet denkbar gemacht. Diese Entscheidung, auch von Zuständigen der Stadt, begrüßen wir sehr und wir hofften, dass Freiräume in den Planungen erhalten bleiben und das bereits dicht bebaute Kalk nicht auch hier noch weiter verdichtet wird. Wir möchten uns herzlich bei allen bedanken, die während des bisherigen Verfahrens für die Pflanzstelle gesprochen haben und ebenso dafür, dass wir von offizieller Seite in den Planungen berücksichtigt werden.
Leider sehen alle vorgestellten Entwürfe eine Verlegung und Reduzierung der Pflanzstelle vor, obwohl die Schule an andere Standorte gelegt wird. Mit der Begründung, dass sich die Umnutzung des Gebietes wirtschaftlich rechnen müsse, werden die bestehenden Freiflächen für möglichst viel Bebauung verplant. Auch unabhängig davon, dass wir eine dieser Flächen nutzen, sprechen wir uns für den Erhalt möglichst vieler unversiegelter Flächen aus. In Kalk herrscht Grünraummangel und der bestehende Grünraum ist umkämpft, wie man an der Diskussion um „Leinen los im Kalker Friedhof“ bereits miterleben konnte. In Gesprächen mit einigen Planungsteams wurde zudem bestätigt, dass auch eine weniger dichte Bebauung wirtschaftlich wäre. So stellt sich die geplante Verdichtung für uns nur als ökonomisches Auspressen des Stadtteils dar, was nicht den bisherigen Bewohner*innen zugute kommt.
Die Pflanzstelle spricht sich weiterhin für ihren Erhalt am bisherigen Standort aus und wünscht eine Nachbesserung der Planungskonzepte im Abschlusskolloquium. Was wir konkret an den bisherigen Entwürfen kritisieren:

  • Das erste Team plant uns für die Zukunft als Schulgarten in eine Halle. Davon abgesehen, dass das Konzept eines Schulgartens mit unserem offenen Konzept kollidiert (wobei sich öffentliche Einrichtungen natürlich gerne bei uns einbringen können, wie dies bereits die Kita der Sieversstraße tut), ist eine Halle ein denkbar schlechter Ort, um zu gärtnern. Selbst wenn man das Dach komplett wegnimmt, überwiegt tagsüber der Schatten. Gleiches gilt für den weiteren urbanen Gartenbereich, der knapp vor der Halle 77 geplant wurde. Gemüse, das Früchte trägt, wird dort kaum eine Frucht zur Reife bringen.
  • Das zweite Team setzt uns auf eine Brachfläche neben das neue Schulgelände, das sie auf dem jetzigen BMX-Park planen. Bisherige Rückmeldungen des Gremiums bemerkten hier bereits, dass die Fläche für die geplanten Nutzungen an diesem Ort zu knapp bemessen sei. Der Garten wäre außerdem direkt gegenüber von Wohnbebauung, so dass das bisherige Programm stark eingeschränkt wäre. Die Pflanzstelle ist mehr als nur Garten und bietet auch Experimentierraum. Im Sommer wird gerne und oft noch nach 22 Uhr im Garten gesessen und sich auch lauter unterhalten. Im Winter und zu Übergangszeiten wärmt man sich regelmäßig an einer Feuerschale. Konflikte mit Bewohner*innen der Straße wären vorprogrammiert.
  • Das dritte Team setzt uns in den geplanten Grünstreifen. Schon jetzt schreibt die Stadt uns vor, unser Gelände aus Versicherungsgründen außerhalb der Öffnungszeiten abzuschließen. Der Garten beherbergt schließlich auch einige Bienenvölker, die mit zum offenen Bildungskonzept gehören. Wir gehen davon aus, dass die Stadt eine offene Integration der Pflanzstelle ohne strenge bürokratische Vorschriften in den Grünstreifen nicht mitmachen wird. Auf der anderen Seite würden bürokratische Einschränkungen das Mitmachkonzept und damit den selbstorganisierten Betrieb der Pflanzstelle unmöglich machen.

Eine Verlegung der Pflanzstelle gefährdet die, über knapp sieben Jahre aufgebaute, nachbarschaftliche Einbindung. Der Gemeinschaftsgarten Pflanzstelle wird zu 100% ehrenamtlich getragen. Das hohe Engagement der Nutzenden resultiert allein aus innerer Motivation. Ein Zwangsumzug gefährdet daher das Projekt auch in personeller Hinsicht, wie wir schon beim letzten Umzug erfahren mussten. Den Garten gemeinschaftlich und komplett ehrenamtlich zu organisieren, zu pflegen, zu bespielen und für alle zu öffnen, schafft eine wertvolle Vertrauenskultur, die diesen Garten ausmacht. Es ist ein kostenloser Bildungsraum für alle und als Begegnungsraum eine große Chance für alle die hier leben. Die Pflanzstelle kostet die Stadt nichts. Wir zahlen Miete und müssen uns zudem um die Pflege des kompletten Zaunbereichs der Brache, auch außerhalb des von uns gemieteten Bereichs, kümmern.
Wir hoffen, dass unser Standpunkt und die Notwendigkeit, dass wir so stark an die aktuelle Fläche gebunden sind, klar geworden sind. Wir sind sicher, dass der Erhalt der Pflanzstelle auf der aktuellen Fläche auch in die bisher vorgestellten Planungen integrierbar ist, ohne dass sich die Konzepte unwirtschaftlich darstellen.
Köln Kalk, 13.06.2017